Samstag, 28. Dezember 2024



Abfindung - Gleichbehandlung im Sozialplan
Wird der Standort einer Firma geschlossen und in diesem Fall für die Entlassungen ein Sozialplan vereinbart, so gilt dieser für alle Mitarbeiter - unabhängig davon ob sie Gewerkschaftsmitglieder sind oder nicht.


Abfindung - Gleichbehandlung im Sozialplan


In diesem Sinne entschied das Arbeitsgericht München mit Bezug auf § 75 I BetrVG, Art. 3 GG, §§ 112, 112 BetrVG:

- Übernehmen die Betriebsparteien bei einer Betriebsänderung als Sozialplan Regelungen aus einem Sozialtarifvertrag, nicht aber ergänzende Regelungen, die bessere Leistungen für Gewerkschaftsmitglieder vorsehen, so liegt hierin eine Benachteiligung der sog. Außenseiter.


- Sofern für eine derartige Ungleichbehandlung - wie vorliegend - keine rechtfertigenden Gründe vorliegen, haben die Außenseiter aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch auf die Leistungen, die Gewerkschaftsmitgliedern zustehen ("Anpassung nach oben").

Quelle: ArbG München, 20.12.2012, 3 Ca 8890/12


Ungleichbehandlung im Sozialtarifvertrag


Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde abgelehnt, in der sich der Beschwerdeführer gegen differenzierende Bestimmungen zu Überbrückungs- und Abfindungsleistungen in einem Sozialtarifvertrag wandte.

Nach Beschluss des BVerfG dürfen in einem Tarifvertrag Gewerkschaftsmitglieder anders behandelt werden als nicht gewerkschaftlich organisierte Koleginnen und Kollegen. Solange dadurch weder Zwang noch Druck zum Gewerkschaftseintritt ausgeübt werden, liege keine Grundrechtsverletzung vor.

In dem zugrunde liegenden Fall enthielt der Sozialtarifvertrag Überbrückungs- und Abfindungsleistungen speziell für Beschäftigte, die zu einem Stichtag gewerkschaftlich organisiert waren.

Quelle: BVerfG, Beschluss vom 14.11.2018 BvR 1278/16

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Freitag, 27. Dezember 2024



Bruttoabfindung - Nettoabfindung
Was bleibt von der Bruttoabfindung als Nettoabfindung nach Steuern?


Wie Sie eine Abfindung vereinbaren und dabei sichern, dass Ihnen die Abfindungssumme netto ausgezahlt wird

Abfindungen, die der "Arbeitgeber" wegen einer von ihm veranlaßten Auflösung des Arbeitsverhältnisses zahlt, unterliegen als "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" der Einkommenssteuer. Der "Arbeitgeber" hat die Einkommenssteuer einzubehalten und abzuführen. Der "Arbeitnehmer" erhält die Nettoabfindung ausgezahlt. Schuldner der Steuer ist jedoch der "Arbeitnehmer".

Von dieser Regelung können die Parteien durch vertragliche Vereinbarung abweichen. Im vorliegenden Fall berief sich der "Arbeitnehmer" auf die im protokollierten Vergleich enthaltenen Worte "brutto = netto" und meinte, daß danach der "Arbeitgeber" die Einkommenssteuer zu tragen habe. Dem folgte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg nicht. Aus dieser häufig verwendeten Floskel ist keinesfalls der Wille der Parteien zu entnehmen, daß der "Arbeitgeber" im Innenverhältnis den Steuerbetrag auf die Bruttoabfindung zu übernehmen habe. Mangels einer eindeutigen Abrede bleibt es daher bei den gesetzlichen Bestimmungen, wonach der "Arbeitnehmer" die auf die Abfindung entfallende Einkommens-/Lohnsteuer zu tragen hat.

Quelle: LAG Baden-Württemberg vom 17.04.1997, Az.: 11 Sa 132/96

 

Vereinbart ein "Arbeitnehmer" im Rahmen eines Auflösungsvergleichs mit dem "Arbeitgeber" eine Abfindung ohne ausdrücklichen Hinweis auf eine Nettosumme, so handelt es sich regelmäßig um eine Bruttoabfindung. Für diese Einkünfte besteht die Steuerpflicht des "Arbeitnehmers". Wenn jemand etwas anderes beabsichtige, müsse er dies auch ausdrücklich vereinbaren. Auch die Tatsache, dass der "Arbeitgeber" die Steuern vor der Auszahlung nicht von der Bruttoabfindung abgezogen habe, ändere nichts am Vergleichswortlaut.

Quelle: LAG München, Urteil vom 26.08.2008, Az.: 6 Sa 277/08

Gehälter in Deutschland: Hier ist das Einkommen am höchsten

"Beim Median werden genauso viele Gehälter, die sowohl niedriger als auch höher sind, berücksichtigt. Dieser lag im Jahr 2024 bei rund 43.750 Euro." https://www.merkur.de/leben/karriere/gehaelter-in-deutschland-hier-ist-das-einkommen-am-hoechsten-zr-93457912.html

Donnerstag, 26. Dezember 2024



Arbeitslosengeld Sperrzeit - Neuregelungen bei Abfindung
Arbeitslosengeld Sperrzeit nach dem Jobverlust - diese Sanktion der Arbeitsagentur ist nicht nur gefürchtet, sondern teilweise auch ungerechtfertigt. Dagegen kann sich besser wehren, wer die aktuellen "Fachlichen Weisungen" der Arbeitsagentur kennt


Arbeitslosengeld Sperrzeit gemäß SGB III § 159


Wer eine Kündigung erhält, kann Arbeitslosengeld I erhalten. Unter bestimmten Bedingungen droht jedoch eine Sperrzeit gemäß § 159 Sozialgesetzbuch III (SGB III). Denn wenn Sachbearbeiter bei der Arbeitsagentur die Kündigung auf "versicherungswidriges" Verhalten zurückführen, gibt es in der Sperrzeit kein Arbeitslosengeld.

Nach dem Sozialgesetzbuch liegt ein versicherungswidriges Verhalten unter anderem vor, wenn


"die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)".

(SGB III, § 159 Absatz 1)


Nach den aktuellen "Fachlichen Weisungen Arbeitslosengeld" (gültig ab 01.01.2024) muss nicht jede "Arbeitsaufgabe" zu Lasten der Gekündigten gehen. Dies gilt vor allem, wenn eine unabwendbare betriebsbedingte Kündigung droht.


Sperrzeit entfällt bei personenbedingter Eigenkündigung


Jahrelang war bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder bei einer Eigenkündigung der Mitarbeiter eine Sperrzeit nur dann ausgeschlossen, wenn eine Kündigung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen drohte.

Siet 2019 gibt es auch mehr Spielraum, wenn Beschäftigte aus "personenbedingten" Gründen von sich aus kündigen. Das trifft unter anderem zu, wenn sie sich den Belastungen des Jobs nicht mehr gewachsen fühlen oder gewachsen sind.

Was als "wichtiger Grund bei Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses und gleichzeitig drohender Arbeitgeberkündigung" von der Arbeitsagentur anerkannt wird, können Sie in den "Fachlichen Weisungen" unter Punkt 159.1.2.1.1 finden:


"(2) Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder für eine Eigenkündigung liegt vor, wenn

- eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,

- die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt würde,

- die Arbeitgeberkündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, oder früher wirksam geworden wäre; bei einer einvernehmlichen Freistellung ist das Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt wird,

- im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten würde,

- der Arbeitnehmer nicht unkündbar war

und

1. eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird (in Anlehnung an § 1a KSchG).


In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist".

(Fachliche Weisungen SGB III)


Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I soll auch nicht mehr verhängt werden, wenn das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen (beispielsweise Krankheit) gekündigt wird.


Prüfung von Aufhebungsverträgen


Bei Aufhebungsverträgen prüft die Bundesagentur für Arbeit ab sofort die Rechtmäßigkeit einer drohenden Arbeitgeberkündigung nicht mehr, wenn die Abfindung höchstens bis zu 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Jahr des Arbeitsverhältnisses beträgt.

Bei Zahlung einer Abfindung wird alternativ als wichtiger Grund auch anerkannt, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind und


"2. der Arbeitslose

a) objektive Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung für sein berufliches Fortkommen vermieden hat;


oder

b) sonstige Gründe darlegt, aus denen er objektiv Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung befürchten musste. Solche Gründe können Vergünstigungen sein, auf die im Falle der Kündigung kein Anspruch bestanden hätte.

Solche Vergünstigungen sind z. B. Abfindungen, die höher sind als 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr und auf die ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages kein Anspruch bestanden hätte (z. B. eine um 10 % höhere Abfindung als bei einer (Arbeitgeberkündigung).

In den Fallgestaltungen nach den Nrn. 2a) und 2b) kommt es darauf an, dass die drohende Kündigung rechtmäßig wäre."

(Fachliche Weisungen SGB III)

Gibt es nun neue Risiken bei einem Aufhebungsvertrag?


Auf den ersten Blick kann diese Regelung Beschäftigten etwas Druck von den Schultern nehmen. Denn nun haben Sie etwas mehr Spielraum bei der Abfindungshöhe. Bisher mussten Unternehmen fürchten, dass sich Mitarbeiter wegen einer drohenden Sperrzeit gegen Aufhebungsverträge wehrten. Schon bei 0,25 Bruttomonatsgehältern mit einer Sperrzeit bedroht zu sein, machte eventuell ein Abfindungsangebot unattraktiv.

Manche Personalverantwortliche könnten nun mit der Aktualisierung der Geschäftsanweisung hoffen, leichter Aufhebungsverträge abschließen zu können. Denn eine Sperrzeit droht in weniger Fällen.

Das kann beispielsweise sein, wenn es um Aufhebungsverträge geht, weil der Arbeitgeber auch krankheitsbedingt kündigen könnte.

Bei einer höheren Abfindung als 0,5 Bruttomonatsgehälter prüft die Bundesagentur für Arbeit den Aufhebungsvertrag, ob eine drohende krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers rechtmäßig ist. Denn unter bestimmten Bedingungen muss der Arbeitgeber den Beschäftigten einen leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten, auf welchem sie trotz Erkrankung einsetzbar sind (BAG 19.05.2010 5 AZR 162/09).

Was bei einer solchen Prüfung herauskommt ... wer weiß das sicher?

Möglicherweise werden auch die Arbeitsbescheinigungen (§ 312 SGB III) aktualisiert und detailliertere Auskünfte zu etwaigen krankheitsbedingten Kündigungen gefordert.

Siehe auch:

- Urteil des SG Dortmund, 27.02.2012, S 31 AL 262/08


- Urteil des LSG Baden-Württemberg, 16.02.2011, L3 AL 712/09


- Merkblatt für Arbeitslose 1

Hinweis: Zum weitergehenden Verständnis der Änderungen beachten Sie bitte auch die Entwicklung, soweit sie in anderen Beiträgen zu Sperrzeit dargelegt wird.

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Sprinterprämie und Abfindung nach Sozialplan
Kann eine Sprinterprämie zusätzlich zur Abfindung nach dem Sozialplan für rentennahe "Arbeitnehmer" ebenso altersabhängig gestaltet werden wie eine Abfindung? Und wieviel Steuern fallen darauf an?

Lesen Sie in diesem Beitrag:

- sind "Sprinterprämien" oder "Turboklauseln" zusätzlich zur Abfindung rechtlich zulässig?


- welche Besonderheiten sind für solche Zusatzvereinbarungen bei Abfindungen nach Sozialplan zu beachten?


- welche Falle sollten Beschäftigte vermeiden, wenn sie die "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" nutzen wollen?


- welche Auswirkungen haben "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" auf das Arbeitslosengeld I?


- können die Zusatzleistungen wie Abfindungen nach der Fünftelregelung ermäßigt versteuert werden?

Sprinterprämie und Abfindung


Unternehmen, die eine größere Anzahl von Mitarbeitern entlassen wollen, bieten teilweise zusätzlich zur Abfindung eine "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" an, beispielsweise um die Mitarbeiter von einer Kündigungsschutzklage abzuhalten.

Damit will die Unternehmensführung Klagen gegen die Sozialauswahl entgegenwirken. Denn die Arbeitsgerichte akzeptieren die Auswahlentscheidung des Unternehmens relativ selten. Immer wieder werden Fehler im Sozialplan oder bei der Sozialauswahl gemacht, die zu Urteilen zugunsten der klagenden Mitarbeiter führen.

Mit sogenannten "Sprinterprämien" oder "Turboklauseln" soll ein zusätzlicher Anreiz geboten werden, damit "Arbeitnehmer" auf eine Kündigungsschutzklage verzichten, gar von vornherein einen Aufhebungsvertrag akzeptieren, oder "freiwillig" schneller aus dem Unternehmen ausscheiden.

Die "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" wird dann neben der Abfindung aus einem Sozialplan ausgezahlt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält eine solche Zahlung für zulässig. Denn auch nach § 1a des Kündigungsschutzgesetzes kann ein Geldvorteil für "Arbeitnehmer" angeboten werden, die auf Kündigungsschutzklagen verzichten.


Abfindung, Sprinterprämie und Altersdiskriminierung im Sozialplan


Mit Abfindungen sollen Nachteile des Arbeitsplatzverlustes ausgeglichen werden. Im Sozialplan wird dieser Nachteilsausgleich verhandelt und vereinbart. "Sprinterprämien" oder "Turboklauseln" stellen eine zusätzliche Belohnung dafür dar, dass eine Kündigung akzeptiert wird.

Eine Staffelung der Abfindungshöhe nach dem Lebensalter ist im Sozialplan zulässig. Die Abfindung rentennaher "Arbeitnehmer" darf geringer ausgehandelt werden als die Abfindung für jüngere "Arbeitnehmer", wenn die Chancen der Älteren auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt sind. Das BAG hält geringere Abfindungen für ältere "Arbeitnehmer" auch für vereinbar mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das eine Rechtfertigung für die Schlechterstellung Älterer enthält. Sogar den Ausschluss von "Arbeitnehmern", die nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Regelaltersrente beanspruchen können, hält das Gericht für zulässig.

In manchen Unternehmen wird versucht, dieses Prinzip auch auf "Sprinterprämien" oder "Turboklauseln" zu übertragen und ältere Mitarbeiter bei der Prämienzahlung schlechter zu stellen. Diese Ungleichbehandlung bei "Sprinterprämien" oder "Turboklauseln" stellt allerdings eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung dar, die die Betroffenen nicht akzeptieren müssen.


Achtung Falle für Abfindung und "Sprinterprämie"


Mit einem Auf­he­bungs­ver­trag (oder "Auflösungs­ver­trag") wird im gegenseitigen Einvernehmen ein Ar­beits­verhält­nis zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt be­en­det. Darin unterscheidet sich der Aufhebungsvertrag grundlegend von einer Kündigung. Diese stellt eine einseitige Willenserklärung dar - der Aufhebungsvertrag ist eine zweiseitige Willensbekundung. In beiden Fällen ist jedoch die Schriftform gem. BGB § 126 vorgeschrieben!

Ist die Kündigung bereits erfolgt, kann zusätzlich in einem Abwicklungsvertrag vereinbart werden, wie das Arbeitsverhältnis auslaufen soll. So vereinbaren die Parteien beispielsweise im Ab­wick­lungs­ver­trag die Frei­stel­lung von der Ar­beit­sleistung ab ei­nem bestimmten Da­tum, den In­halt ei­nes Zeug­nis­ses oder zumin­dest die Zeug­nis­no­te,  Rest­zah­lun­gen und andere wechselseitige Ansprüche. Dazu gehören unter anderem Ein­mal­zah­lun­gen wie Weih­nachts­geld, Ur­laubs­geld, Tantiemen, Pro­vi­sio­nen, Ziel­ver­ein­ba­rungs­prämi­en oder ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung.

Ebenso kann im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine weitere Leistung wie beispielsweise eine "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" zugesagt werden. Wer diese nutzen will, sollte darauf achten, dass diese zugesagt wurde, um eine Verkürzung der Kündigungsfrist zu erreichen.


"Sprinterprämie" und Arbeitslosengeld I


Wollen "Arbeitnehmer" die Kündigungsfrist verkürzen und zudem eine zugesagte "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" erhalten, so drohen für den Bezug von Arbeitslosengeld Ruhe- und Sperrzeit.

Allerdings hat die Arbeitsagentur in den letzten Jahren mehrfach günstigere Regelungen für "Arbeitnehmer" zugelassen. So wird unter Umständen für Aufhebungs- und Abwicklungsverträge ein "wichtiger Grund bei Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses und gleichzeitig drohender Arbeitgeberkündigung" akzeptiert. Damit entfallen die Sanktionen.


"Sprinterpämie" mit Fünftelregelung


Wie eine "Sprinterprämie" oder "Turboklausel" besteuert wird, richtet sich danach, ob sie zur einheitlichen Abfindung gehört und in welchem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) sie zufließt.

In einem Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.06.2015 heißt es:


"Beim Aushandeln der verschiedenen Vereinbarungen ... sind alle Beteiligten offenkundig von der Annahme ausgegangen, die an die ausscheidenden Mitarbeiter auszuzahlenden Abfindungen würden gemäß § 34 EStG ermäßigt besteuert. Auch die Klägerin durfte darauf vertrauen, dass sie die steuerliche Vergünstigung auf Dauer behalten würde. Dieses Vertrauen war nach Auffassung des Senats besonders schutzwürdig, weil bei der Bemessung der eigentlichen Abfindung deren steuerliche Behandlung mit Sicherheit eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hatte ... Es würde nach Auffassung des Senats einen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch darstellen, wenn wegen des Erhalts der Sprinterprämie der betreffende Arbeitnehmer in einem solchen Maß steuerlich benachteiligt würde, dass die Zahlung wirtschaftlich keinen Wert mehr hätte."


Demgemäß erkannte das Finanzgericht die ermäßigte Besteuerung der "Sprinterprämie" nach der Fünftelregelung an. Allerdings ist zu beachten:

Eine Steuerermäßigung nach § 34 EStG scheidet grundsätzlich aus, wenn die Entschädigung in zwei oder mehreren Veranlagungszeiträumen (Kalenderjahren) ausgezahlt wird. (Ausnahmsweise beeinträchtigt eine "geringfügige" Auszahlung in einem anderen Kalenderjahr die Steuerermäßigung nach der Fünftelregelung nicht.) Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung gilt auch nicht, wenn eine "Sprinterprämie" zufließt, die nicht den Tatbestand einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG erfüllt.

Quellen: BAG, Az: 1 AZR 254/04; Az: 1 AZR 102/13, Hessisches Finanzgericht, 3-K-1960/13

 

Nachtrag vom 28.08.2021:


Sprinterklausel im Zusammenhang mit einer Abfindung führt zu ermäßigter Besteuerung - Quelle: FG Kassel, Gerichtsbescheid vom 31.05.2021 - 10 K 1597/20


***


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Mittwoch, 25. Dezember 2024



Abfindung bei Betriebsverlegung
Wie Sie auch bei Betriebsverlegung eine Abfindung erhalten können

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Fachleute für die Lösung Ihrer Steuerfragen

Über eine Betriebsverlegung ist der Betriebsrat gem. Betriebsverfassungsgesetz § 111 rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Die geplanten Betriebsänderungen sind mit dem Betriebsrat zu beraten. Kommt dann zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so kann dieser in einen Sozialplan münden.

Ist im Arbeitsvertrag keine "Versetzungsklausel" (im Sinne von "der Arbeitnehmer kann auch an anderen Arbeitsorten eingesetzt werden") enthalten, so ist das Unternehmen darauf angewiesen, dass Sie mit der Änderung des Arbeitsvertrages wegen der Betriebsverlegung einverstanden sind. Andernfalls kann das Unternehmen nur per "Änderungskündigung" gem. Kündigungsschutzgesetz § 2 erreichen, dass Sie "mitziehen".

Für Mitarbeiter, die sich "zu früh" durch die angekündigte Betriebsverlegung neu orientieren, können durchaus Nachteile bei einer Abfindung entstehen, wie im folgenden Fall:

 

Der Fall

Ein Unternehmen verlegte seinen Betrieb in eine andere Stadt. Die Belegschaft wurde darüber frühzeitig informiert. Einige "Arbeitnehmer" kündigten darauf hin von sich aus, weil sie einen anderen Arbeitsplatz gefunden hatten. Mit den übrigen Mitarbeitern wurden Auflösungsverträge geschlossen, in denen sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verpflichtete.

Ein Mitarbeiter, der von sich aus gekündigt hatte, wollte nachträglich ebenfalls eine Abfindung erwirken. Seinem Argument, die Vorenthaltung einer Abfindungszahlung gegenüber "Arbeitnehmern", die vorzeitig gekündigt hatten, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, folgte das Bundesarbeitsgericht nicht. Vielmehr könne der "Arbeitgeber" hinsichtlich der Mitarbeiter, die bis zum Umzug des Betriebes dort ausharren, durchaus eine besondere Abfindungsregelung treffen.

Quelle: Urteil des BAG vom 08.03.1995, 5 AZR 869/93

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Dienstag, 24. Dezember 2024

Abfindungsrechner 2024 mit Fünftelregelung

Mit dem Abfindungsrechner 2024 mit Fünftelregelungcheck wissen Sie in einer Minute, wieviel Geld Ihnen nach Steuern von der Abfindung mit und ohne Fünftelregelung bleibt.



Abfindungsrechner 2022

In nur einer Minute wissen Sie, wieviel Geld Ihnen von Ihrer Abfindung nach Steuern bleibt und wie Sie diese Nettoabfindung maximieren können.



Hallo Herr Schulze, Danke es hat alles geklappt. Vor allem das YouTube Video ist sehr hilfreich für den Umgang. Vielen Dank nochmals für alles!



Guten Abend Herr Schulze, vielen Dank für den Abfindungsrechner den Sie mir zum Download gesendet haben. Es hat einwandfrei funktioniert und das Ergebnis wurde mir prompt angezeigt. Tolle Idee, nochmals Danke. Gruß Stefan Müller



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Montag, 23. Dezember 2024



Abfindung bei Betriebsschließung
Betriebsschließung ist für viele "Arbeitnehmer" wie ein K.-o.-Schlag. Können sie wenigstens auf eine Abfindung bei Betriebsschließung hoffen?


Fünf Tipps für "Arbeitnehmer" bei Betriebsschließung


Gehören Sie zu den Angestellten, denen eine Betriebsschließung droht? Hoffen Sie wenigstens auf eine Abfindung bei Schließung "Ihres" Betriebes? Dann sollten Sie unbedingt die folgenden fünf Tipps beachten.

Eine Betriebsschließung oder Betriebsstilllegung ist kein plötzlicher Akt, sondern ein Prozess, bei dem für Beschäftigte vor allem 5 Fragen existenziell wichtig sind:

- Droht Arbeitsplatzverlust?


- Droht Einkommensverlust?


- Gibt es eine Chance auf Abfindung?


- Welche Chancen für neue Einkommensquellen gibt es?


- Lohnt sich der Schritt in den Vorruhestand oder Ruhestand?

Vorab kurz: In welchen Fällen handelt es sich wirklich um eine Betriebsschließung oder Betriebsstilllegung?

Die Antwort auf diese Frage ist deshalb besonders wichtig, weil mitunter auch Gerüchte oder Diskussionen über eine Betriebsschließung kursieren oder gestreut werden, ohne dass bereits eine Entscheidung vorliegt. Die Beschäftigten sind dann häufig verunsichert.

Wer jetzt schon das sinkende Schiff verlässt, kann Glück haben – vielleicht aber auch eine Abfindung verspielen. Andererseits: Im schlechtesten Fall beißen die Letzten die Hunde.

Und betriebsbedingte Kündigungen wegen geplanter Betriebsschließungen können gar unwirksam sein, wenn an der Entscheidung (noch) rechtliche Zweifel bestehen.

Deshalb merke:

Eine Betriebsschließung ist eine unternehmerische Entscheidung, den Zweck und die Struktureinheit eines Unternehmens (einen Betrieb) aufzugeben. Eine solche Betriebsänderung gem. BetrVG § 111 ist mit verschiedenen Risiken und Chancen verbunden.

Beschäftigten können eine Schließung eines Betriebes in der Regel nicht verhindern, denn sie ist eine freie unternehmerische Entscheidung.

Eine mögliche Alternative, um den Betrieb fortzuführen und damit die Arbeitsplätze zu erhalten, kann Management by Out (MbO) sein = Übernahme eines Unternehmens durch das Management bzw. die Mitarbeiter. Gerade in den östlichen Bundesländern wurde das nach 1990 öfter erfolgreich umgesetzt, wie unter anderem des Beispiel Robotron zeigt. Auch beim Magazin Impulse gab es ein MbO statt Betriebsstilllegung.

Ist ein MbO nicht gewollt oder möglich, können Angestellte nur Bedingungen für ihr Ausscheiden verhandeln.

Nun zu den Fragen:


1. Droht Arbeitsplatzverlust?


Wenn kein anderer Arbeitsplatz im Unternehmen (in anderen Betrieben/Betriebsteilen) verfügbar ist, dann droht zwangsläufig eine betriebsbedingte Kündigung aller Mitarbeiter. Erfolgt diese gleichzeitig, so müssen weder Sozialauswahl noch Kündigungsschutz gem. KSchG § 1 beachtet werden. Wird dagegen in mehreren Etappen gekündigt, dann ist eine Sozialauswahl einzuhalten und die Betroffenen hätten Chancen für einen erfolgreichen Kündigungseinspruch oder eine Kündigungsschutzklage.

Doch was kann die Klage in beiden Fällen bringen? - Im Erfolgsfall einen Zeitgewinn, jedoch keinen Erhalt des Arbeitsplatzes. Eventuell könnte auch eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit einer Abfindung herausspringen.


2. Droht Einkommensverlust?


Auch bei Betriebsschließung gelten die Kündigungsfristen lt. BGB, Tarif- oder Arbeitsvertrag. Das normal zu versteuernde Arbeitseinkommen (Lohn, Gehalt) ist während der Kündigungsfrist relativ sicher. Das Unternehmen kann auch eine Änderungskündigung mit einem Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb anbieten. Dann ist mehr oder weniger das Arbeitseinkommen gesichert. Eventuell gibt es auch noch eine Umzugsbeihilfe. In jedem Fall wird ein betriebsbedingter Umzug auch steuerlich gefördert, wie im Ratgeber "Steuern sparen für Arbeitnehmer – nach dem Job" erläutert.


3. Gibt es eine Chance auf Abfindung?


a) Ob Abfindungen finanziell möglich sind, hängt grundsätzlich davon ab, ob noch genügend Geld oder Betriebsvermögen im Unternehmen vorhanden sind. Eine Recherche nach Geschäftsberichten, Bilanzen, geplanten Dividendenausschüttungen, Pressemeldungen usw. kann hier hilfreich sein, um die Chancen abzuschätzen.

b) In Betrieben mit regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung zu informieren und einen Interessenausgleich anzustreben. Darüber hinaus kann der Betriebsrat einen Sozialplan zum Nachteilsausgleich erzwingen. Dessen Inhalt ist jedoch Verhandlungssache. Gibt es keinen Betriebsrat, so bleibt nur die Einzelverhandlung, der individuelle Abfindungspoker. Im günstigen Fall ist die Abfindung nach der Fünftelregelung nur ermäßigt zu versteuern.

Rechtsanwalt Hensche bringt das kurz auf den Punkt:


"Kein Betriebsrat - kein Sozialplan, kein Sozialplan - kein Anspruch auf Abfindung."


4. Welche Chancen für neue Einkommensquellen gibt es?


Wenn der Arbeitsplatz entfällt, bleibt die Frage: Welche neuen Einkommensquellen sind realistisch? Wird ein neuer Job bevorzugt, dann gibt es je nach Konjunktur eine mehr oder weniger große Anzahl an Angeboten in Jobbörsen.

Hilfreich ist, sich rechtzeitig zu orientieren und ggf. sich weiterzubilden oder umzuschulen. Hilfe dafür bieten unter Umständen die Arbeitsagentur, Transfergesellschaften, freie Weiterbildungsangebote. Zudem ist bei den Gehaltsverhandlungen zu prüfen, inwieweit der steuerpflichtige Arbeitslohn oder das Gehalt durch steuerfreie Einnahmen aufgestockt werden kann.

Andernfalls bleibt Arbeitslosengeld I (steuerfrei unter Progressionsvorbehalt).

Gerade für Fach- und Führungskräfte kann auch eine berufliche Selbstständigkeit eine lukrative Lösung sein. Zumindest bietet diese steuerlich deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten.


5. Lohnt sich der Schritt in den Vorruhestand oder Ruhestand?


Beschäftigte so etwa ab dem 55. Lebensjahr prüfen auch oft, ob eventuell eine Vorruhestandsregelung oder gar der Ruhestand möglich sind.

Denn ältere Arbeitslose haben unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf eine längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld. Darüber hinaus verfügen sie möglicherweise auch über Rücklagen, hinreichende Altersvorsorge und Lebensverhältnisse, sodass die Altersrente eine Alternative sein kann.

Immer mehr Menschen stocken auch ihre Einkünfte durch

- einen steuerfreien Minijob,


- steuerbegünstigte kurzfristige Beschäftigung,


- steuerbegünstigte Einnahmen aus einem Ehrenamt

oder andere Einnahmen auf.

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Sonntag, 22. Dezember 2024



Betriebliche Altersvorsorge mit Fünftelregelung versteuern
Betriebliche Altersvorsorge-Leistungen können als einmalige Kapitalauszahlung dem Empfänger zufließen. Wird diese Zahlung nach der Fünftelregelung versteuert?


Betriebliche Altersvorsorge bei Auszahlung versteuern


Wer einen Vertrag über eine betriebliche Altersvorsorge (Betriebsrente) abgeschlossen hat, steht bei der Auszahlung oft vor der Wahl:

- laufende Rentenzahlung oder


- Einmalauszahlung.

Sollte die Entscheidung zur einmaligen Kapitalauszahlung tendieren, ergibt sich sogleich die nächste Frage:

Wie wird diese versteuert? Kann beispielsweise die Fünftelregelung auch für die betriebliche Altersvorsorge genutzt und damit eine ermäßigte Besteuerung erreicht werden?

Je nach Durchführungsweg werden Einmalzahlungen aus der betrieblichen Altersvorsorge entweder nach der "Fünftelregelung" ermäßigt oder wie Rentenzahlungen versteuert.


Direktzusage und Unterstützungskasse


Nach einem Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) sind einmalige Kapitalauszahlungen von

- Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage und


- Versorgungsleistungen aus einer Unterstützungskasse

ermäßigt zu versteuern.

Auch die Finanzverwaltungen gehen davon aus, dass es sich in beiden Fällen der betrieblichen Altersvorsorge um Vergütungen für nichtselbstständige Arbeit gemäß § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) handelt. Diese werden für mehrjährige Tätigkeiten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gezahlt (siehe BFH Urteil vom 23.04.2021, IX R 3/20).

Demzufolge wäre in beiden Fällen die Kapitalauszahlung als Einmalbetrag bei Zusammenballung als außerordentliche Einkünfte nach der Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuern (BFH-Urteil vom 12.04.2007, VI R 6/02).


Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds


Leistungen aus

- einer Direktversicherung,


- einer Pensionskasse und


- einem Pensionsfonds,

die ebenfalls Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sind, werden demgegenüber steuerlich ähnlich wie Leibrenten als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG behandelt, wenn sie beispielsweise durch Entgeltumwandlung ("Deferred Compensation") nach § 3 Nr. 63 EStG steuerlich begünstigt angespart wurden.

Im Fall von Teil- bzw. Einmalkapitalauszahlungen handelt es sich dann nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF vom 05.10.2023 Rz 128) nicht um außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 EStG. Folglich läge weder eine Entschädigung noch eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor.


Kapitalauszahlung vs. Fünftelregelung


Im Mai 2015 hatte das FG Rheinland-Pfalz ein Urteil gefällt (Urteil vom 19.05.2015, 5 K 1792/12), wonach auch Kapitalauszahlungen der betrieblichen Altersvorsorge, die § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zuzuordnen sind, nach § 34 Abs. 1 EStG mit der Fünftelregelung tarifbegünstigt sind. Auch hierbei handele es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit im Sinne von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

In seinem Urteil bezog sich das Finanzgericht darauf, dass der BFH bereits für Kapitalleistungen berufsständiger Versorgungswerke entschieden hat, dass deren steuerpflichtiger Teil voll gemäß § 22 EStG zu versteuern ist (Urteile vom 23.10.2013, X R 33/10 und X R 3/12). Dem trägt auch die Finanzverwaltung Rechnung (BMF vom 10.01.2014, BStBl. 2014 I S. 70 Rz. 204). Kommt es zu einer Zusammenballung der Einkünfte, so ist die Auszahlung nach der Fünftelregelung ermäßigt zu versteuern. Für eine unterschiedliche Behandlung der nach § 22 EStG zu versteuernden Kapitalleistungen aus der Basisvorsorge und der betrieblichen Altersvorsorge gäbe es keine sachliche Rechtfertigung.

Das FG Rheinland-Pfalz hatte jedoch die Revision zugelassen.


Fünftelregelung nur bei "Zusammenballung"


In der Revision vom 20.09.2016 hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben. In dem konkreten Fall ging es um die Kapitalauszahlung einer Pensionskasse, die in vollem Umfang nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu besteuern ist, weil das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war. Dadurch führte die Auszahlung nicht zu "außerordentlichen Einkünften".

Denn als "außerordentliche Einkünfte" sind nach dem BFH-Urteil nur solche Einkünfte anzusehen, die atypisch sind. Mit anderen Worten: die Zusammenballung von Einkünften darf nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkunftserzielung entsprechen. In dem Urteilsfall war die Zahlung der Kapitalabfindung aber nicht atypisch, sondern vertragsgemäß. Die Einkünfte aus der Pensionskasse unterliegen in einem solchen Fall dem regulären Einkommensteuertarif.

Achtung: Zudem bezweifelt der X. Senat, dass Verträge, die von Anfang an ein Kapitalwahlrecht vorsehen, überhaupt nach § 3 Nr. 63 EStG in seiner ab dem 1.1.2005 geltenden Fassung durch Steuerbefreiung der entsprechenden Einzahlungen gefördert werden können.

Auch unter Berücksichtigung dieses Urteils und ebenso des Betriebsrentenstärkungsgesetzes hat das BMF am 06.12.2017 die Vorschriften zur steuerlichen Behandlung von Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge aktualisiert. Im Gegensatz zum BFH-Urteil wird in dem BMF-Schreiben festgelegt:


"Allein die Möglichkeit, anstelle dieser Auszahlungsformen eine Einmalkapitalauszahlung (100 % des zu Beginn der Auszahlungsphase zur Verfügung stehenden Kapitals) zu wählen, steht der Steuerfreiheit noch nicht entgegen; hieran wird ungeachtet des BFH-Urteils vom 20. September 2016 - X R 23/15 - (BStBl 2017 II S. 347) festgehalten."


Nachgelagerte Besteuerung gem. EStG § 22 Nr. 5


Mit BMF-Schreiben vom 05. 10. 2023 wurde die nachgelagerte Besteuerung der Altersversorgung teilweise neu geregelt. Gem. Rz 128 ist die Besteuerung gem. EStG § 22 Nr. 5 auch auf laufende Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen anzuwenden:


"Korrespondierend mit der Freistellung der Beiträge, Zahlungen, Erträge und


Wertsteigerungen von steuerlichen Belastungen in der Ansparphase werden die Leistungen erst in der Auszahlungsphase besteuert (nachgelagerte Besteuerung".


Das bedeutet, dass Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Altersvorsorgebeiträgen gem. § 22 Nr. 5 Satz 1 beruhen, voll steuerpflichtig sind.

Handelt es sich bei der Auszahlung um eine lebenslange Rente oder eine Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente, die auf nicht geförderten Beiträgen beruht, erfolgt die Besteuerung in der Regel mit dem Ertragsanteil gem. EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb.

Werden Leistungen aus einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse (inkl. Versorgungsausgleichskasse) oder aus einer Direktversicherung, die auf nicht gefördertem Kapital beruhen ausgezahlt und die Voraussetzungen einer Basisrente erfüllt, so erfolgt die Besteuerung nach EStG § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG mit


dem Besteuerungsanteil besteuert.

Fazit:

Im Detail gibt es jedoch eine Reihe von Besonderheiten. Abhängig davon, wann die Beiträge in welche betriebliche Altersvorsorge flossen, inwieweit die Beitragszahlungen steuerlich gefördert wurden und welche Übergangsregelungen eventuell greifen, sollten sich Interessenten zumindest anhand des BMF-Schreiben, 12.08.2021 oder bei ihrem Arbeitgeber und ihrer Versicherung genauer informieren.

Quelle: BFH-Urteil vom 20.9.2016, X R 23/15

Weiterführende Informationen zur Besteuerung von Alterseinkünften

BMF-Schreiben, 05. 10. 2023, Steu­er­li­che För­de­rung der privaten Al­ters­vorsor­ge

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