Sonntag, 13. Juli 2025



Steuervorteile im Sozialplan: Was Betriebsräte tun können?
Wie Betriebsräte Sozialpläne nutzen können für höhere Abfindungen und steuerliche Vorteile der Beschäftigten – am Beispiel Ford.


Sozialplan, Steuern und Einfluss: Wie Betriebsräte steuergünstige Abfindungen verhandeln können


Der Fall Ford zeigt exemplarisch, welche Handlungsspielräume Betriebsräte bei Stellenabbau tatsächlich nutzen können – auch im Sinne steuergünstiger Abfindungen.

Im November 2024 kündigte der Autobauer Ford an, bis zum Jahr 2032 rund 2.900 Stellen abzubauen. Am 11. Juli 2025 berichtete REUTERS über eine Einigung zwischen Ford in Köln und dem Betriebsrat, in der es heißt:


"Der Stellenabbau basiert in erster Linie auf freiwilligen Entlassungen. Die Abfindungszahlungen sind großzügig und deutlich besser als sonst in der Automobilindustrie", sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka.


Grundlage dafür war wohl ein Sozialplan nach § 112 BetrVG, in dem Unternehmer und Betriebsrat einen Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung verhandelt haben. Dass hier nicht nur um Arbeitsplätze, sondern auch um finanzielle Ausgestaltung und steuerliche Rahmenbedingungen gerungen wird, bleibt oft im Hintergrund – zu Unrecht.


Sozialpläne sind mehr als Abfindungstabellen


Ein Sozialplan ist nicht nur ein Instrument zur "Abmilderung wirtschaftlicher Nachteile". Er kann auch ein Hebel sein, um steuerlich kluge Gestaltungsmöglichkeiten für die Betroffenen zu eröffnen. Die Praxis zeigt: Betriebsräte, die steuerliche Aspekte mitverhandeln, erzielen oft deutlich bessere Ergebnisse für die Beschäftigten.

Beispielsweise können folgende Punkte in Verhandlungen eingebracht werden:

- Gestreckte Auszahlungsmodelle mit sozialen Fürsorgeleistungen


- Beratungsbudgets für individuelle Steuerberatung


- Optionsmodelle für Freistellungsphasen oder Qualifizierungsmaßnahmen


- Transfergesellschaften mit einkommensteuerlich begünstigtem Transferkurzarbeitergeld

Kapitalinteressen vs. Existenzsicherung – ein strukturelles Spannungsfeld


Natürlich darf man sich keinen Illusionen hingeben: Sozialpläne bleiben Instrumente im Rahmen der bestehenden Eigentumsordnung. Der Ford-Deal zeigt diesen Widerspruch deutlich. Die Einigung mit dem Betriebsrat ist ein Paradebeispiel bürgerlicher Krisenbewältigung: Kurzfristige soziale Abfederung – ohne die kapitalistischen Grundstrukturen anzutasten.

Wie der Arbeitsrechtler und Autor Rolf Geffken – leider inzwischen verstorben – immer wieder betonte: Der Betriebsrat kann innerhalb des Systems Verbesserungen erstreiten, aber er überwindet den Klassenwiderspruch nicht, sondern stabilisiert ihn im Zweifel sogar.

Diese Stabilisierungsfunktion war ein wesentlicher Grund für den von Geffken kurz erwähnten politischen „Zeitungsstreik“ der IG Druck und Papier im Mai 1952.


"Gegen den Protest der Gewerkschaften, der SPD und der KPD wurde im Juli 1952 der Entwurf des Betriebsverfassungsgesetzes durch den Bundestag gepeitscht."


Gerade wegen der eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten für Betriebsräte ist es entscheidend, die verbleibenden Handlungsspielräume so effektiv wie möglich zu nutzen.


Handlungsspielräume nutzen: Was Betriebsräte konkret tun können


In zwei aktuellen iqf-Seminaren, bei denen ich als Referent mitwirkte, ging es genau darum:


"Mitbestimmung für mehr Abfindung und weniger Steuern."


Die Erkenntnisse daraus lassen sich in einem einfachen Leitsatz bündeln:


Je früher Betriebsräte steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten in die Sozialplanverhandlungen einbringen, desto höher der Nettoeffekt für die Beschäftigten.


Einige Empfehlungen aus dem Seminar:

- Frühzeitige steuerrechtliche Expertise einholen, idealerweise bereits vor Beginn der Verhandlungen.


- Gestaltungsoptionen im Sozialplan offen halten, beispielsweise durch Wahlmodelle oder Option auf Transfermaßnahmen.


- Transparente Kommunikation gegenüber den Beschäftigten: Viele wissen nichts von der Fünftelregelung oder weiteren Möglichkeiten, Abfindungen steuerlich zu optimieren.


- Auf individuelle Beratung hinweisen – ggf. durch eine vom Arbeitgeber finanzierte steuerliche Erstberatung.


- Kooperation mit Fachstellen und Experten, z. B. iqf oder anderen arbeitsrechtlich und steuerrechtlich versierten Experten.

Fazit: Die Abfindung ist nicht das Ende – sondern Verhandlungsstartpunkt


Auch wenn Betriebsräte den Strukturwandel nicht aufhalten können, vermögen sie den Abgang von Beschäftigten deutlich fairer, finanziell sinnvoller und steuerlich klüger gestalten. Der Fall Ford macht Mut, aber auch deutlich: Ohne informierte, entschlossene Interessenvertretung bleibt viel Gestaltungspotenzial auf der Strecke.

Eine erste praktische Handlungsempfehlung aus dem Seminar für Betriebsräte, die steueroptimierte Abfindungsregelungen im Sozialplan verhandeln wollen, steht hier zum Download:

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