Freitag, 25. Oktober 2024



Wertguthaben mit Abfindung aufstocken?
Ein Wertguthaben (Zeitwertkonto) mit einer echten Abfindung aufstocken, klingt für manchen wie eine gute Idee. Doch Vorsicht: Falle!


Kein höheres Wertguthaben durch Abfindung


Wer eine echte Abfindung erhält, möchte diese vielleicht teilweise oder vollständig nutzen, um das eigene Wertguthaben aufzustocken. Das kann mehrfach vorteilhaft sein, und dafür können Sie mehrere Möglichkeiten nutzen.

Bisher haben Sie dafür beispielsweise genutzt:

- Teile des laufenden Arbeitsentgelts,


- Mehrarbeitsvergütungen,


- Einmalzahlungen (beispielsweise Weihnachtsgeld),


- freiwillige zusätzliche Leistungen des "Arbeitgebers",


- Vergütung für Überstunden,


- oder nicht genutzte Urlaubstage.

Das Wertguthaben können Sie später einsetzen, um eine längerfristige Freistellung von der Arbeit zu finanzieren. Zudem genießen Sie einen zusätzlichen Vorteil, weil in der Ansparphase des Wertguthabens zunächst keine Steuern und Sozialversicherungsabgaben fällig werden. Erst bei der Auszahlung des Wertguthabens werden Steuern und Sozialabgaben fällig. (Siehe auch § 3 Nr. 53 EStG.) Darüber hinaus besteht während der Freistellungsphase weiterhin ein Sozialversicherungsschutz.


Einzahlungen in Zeitwertkonto sind Arbeitsentgelt


Sozialversicherungsrechtlich gelten die Einzahlungen in Wertguthaben als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 (1) Sozialgesetzbuch IV (SGB IV).

Allerdings unterliegt während der Arbeitsphase nur das fällige, tatsächlich ausgezahlte Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht gem. § 23b (1) SGB IV  i. V. m. § 23 Abs. 1 SGB IV. In der Freistellungsphase fallen dann die Beiträge für das vereinbarungsgemäß als Arbeitsentgelt ausgezahlte Wertguthaben an.

Das gilt auch, wenn unter bestimmten Bedingungen das Wertguthaben nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen wird.

Steuern auf den Teil des Arbeitsentgelts, das in Wertguthaben umgewandelt wird, werden gem. Einkommensteuergesetz (EStG) § 11 (1) erst fällig, wenn das Wertguthaben an die Anspruchsberechtigten ausgezahlt wird, ihnen tatsächlich zufließt.


Abfindung umwandeln in Wertguthaben


Vorsicht geboten ist, wenn nun eine Abfindung teilweise oder vollständig in ein Wertguthaben eingezahlt wird. Echte Abfindungen sind steuer- und sozialversicherungsfrei - gilt das auch bei Einzahlungen in Zeitwertkonten?

Abfindungen sind gem. EStG § 24 (1) Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen. Sozialversicherungsrechtlich gehören alle aus einer Beschäftigung angesparten Arbeitsentgelte nach § 14 SGB IV zum Entgeltguthaben.

Das Bundessozialgericht entschied bereits 1990, dass Abfindungen wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung darstellen. (BSG-Urteil vom 21.02.1990, AZ.:12 RK 20/88). Das Bundessozialgericht begründete seine Entscheidung damit, dass eine Abfindung  als Entschädigung für den Wegfall künftiger Verdienstmöglichkeiten zeitlich nicht der früheren Beschäftigung zuzuordnen ist.

In diesem Sinne entschied auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg, dass eine echte Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes nicht der Lohnsteuer unterliegt und nicht zur Aufstockung eines Wertguthabenkontos (Zeitwertkonto) genutzt werden kann, da kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt vorliegt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.06.2021,Az. 4 K 4206/18). Sofern dennoch mit der Abfindung das Wertguthaben aufgestockt, wurde, handele es "sich um einen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn, der durch den Abschluss einer Lohnverwendung zu Gunsten der DRV begründet wurde."

Dem Urteil lag ein Streitfall zugrunde, in dem die Unternehmensleitung mit dem Betriebsrat aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen einen Interessenausgleich vereinbart hatte. Darin wurde ausscheidenden "Arbeitnehmern" eine "Freiwilligen-Abfindung" als Entschädigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugesagt. Die Betroffenen hatten die Möglichkeit, die Abfindung in das für sie geführte Langzeitkonto einzubringen. Das dadurch aufgestockte Wertguthaben sollte nach Beschäftigungsende gem. § 7f SGB IV auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragen werden. Auf die Einzahlungen in das Wertguthaben führte das Unternehmen keine Lohnsteuer und keine Beiträge zur Gesamtsozialversicherung ab.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Der Bundesfinanzhof hat im Revisionsverfahren am 03. 05. 2023 der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg widersprochen und entschieden:

Ob die streitigen Wertguthabenvereinbarungen unwirksam waren, oder nicht, sei unerheblich. Auf keinen Fall konnten die Arbeitnehmer über die Abfindungsbeträge verfügen, die dem Wertguthaben zugeflossen sind. Deshalb entfalle zu diesem Zeitpunkt die Lohnsteuerpflicht. Denn sie entstehe erst im Zeitpunkt der Auszahlung des Wertguthabens an die "Arbeitnehmer" gem § 3 Nr. 53 EStG. (BFH, Urteil vom 03. 05. 2023, IX R 25/21.)

Weiterführende Informationen:

Wertguthaben - Häufig gestellte Fragen | FAQ, Bundesministerium für Arbeit und Soziales

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